Bier aus Wald die Fünfte – Kiesbyes Waldbier 2015 vorgestellt
Ende 2011 dürften sich nicht wenige Bierfreunde die Augen gerieben haben, als sie die Ankündigung von „Bierakulix“ Axel Kiesbye gelesen hatten: Waldbier!? Was sollte denn das nun wieder sein? Geht denn das? Vor allem: Schmeckt denn das?
Nun, wer Axel ein wenig beobachtet und seine Biere kennt, dem ist der Puls damals höchstens aus Vorfreude gestiegen. Aber immer schön der Reihe nach. Das Jahr 2011 war das internationale Jahr des Waldes – da bietet es sich natürlich für viele Branchen an das Thema aufzunehmen und umzusetzen. Aber auch beim Bierbrauen?
Die Wurzeln des Kiesbye´schen Waldbieres liegen aber viele Jahre vorher. Im schottischen Edinburgh trank er wohl Ende der 90er ein Ale mit Pinien. Restlos begeistert von der ungewöhnlichen Aromatik und dem einzigartigen Geschmack wurde in seinem Brauerherz ein Entschluss gefasst: “So ein Bier will ich auch einmal brauen.”. Tatsächlich dauerte es dann aber viele Jahre bis Anfang 2010 die Trumer Brauerei an ein Hackschnitzelkraftwerk angeschlossen wurde. Betreiber dieses Kraftwerks war eine Tochter der Österreichischen Bundesforste. Bei der Einweihungsfeier erzählte er dann dem damaligen Marketing Manager von diesem Bier und seinem Traum. Gut, dass es ein Marketing affiner Mensch war, denn dieser war sofort Feuer und Flamme für den Plan. Und so entwickelte sich bis Ende 2011 der Traum zur Realität.
Nachdem die Signale auf „Go“ standen ging es zunächst quasi der Tanne an die Nadel. Zusammen mit den Bundesforsten wurde mit jungen Tannenwipfeln aus Wäldern am Salzburger Hochkönig der erste Sud kreiert. Die Verwendung von Tannentrieben ist dabei keine unmittelbare Erfindung von Axel Kiesbye – schon die Kelten verfeinerten so ihr Bier.
In die zweite Runde ging es 2012 mit der Zirbe. Ein Baum, von dem man zumindest bei der Herstellung von Schnaps schon einmal gehört haben kann. Für die erforderliche „Ernte“ von 10kg Zirbenzapfen musste man im Tiroler Radurschltal nahe an die Baumgrenze in 1.500 bis 2.000 Meter hinaufsteigen. Wie gut das Bier war hatte sich inzwischen rumgesprochen – oder vielleicht auch über die erwähnte Assoziation mit dem Schnaps – in jedem Fall erfreute sich der zweite Sud einer derartig großen Beliebtheit, dass das Bier schon nach 6 Wochen restlos ausverkauft war.
Im darauffolgenden Jahr war es beim Waldbier nicht die Nachtigall, sondern die Lärche, die ebenfalls ihren Weg ins Fass antreten durfte. Die Lärche brachte dabei ein derartig intensives Aroma mit, dass der Jahrgang 2013 sicher zu den geschmacklich intensivsten der noch jungen Waldbiergeschichte zählt. Immerhin 35kg Triebe und Zapfen mussten dafür auch im Ausseer Land am Dachsteinplateu gesammelt werden.
Biertradition lebte im vergangenen Jahr auf, als die Schwarzkiefer herhalten musste. Biertradition deshalb, weil aus der Schwarzkiefer gewonnenes Pech von den Brauern zum abdichten („piechen“) der Holzfässer verwendet wurde. Und gerade Holzfässer erleben ja in der Bierwelt in den letzten Jahren eine ungeahnte Renaissance. Auch wer etwas für seine Gesundheit tun wollte, der lag mit dem Waldbier 2014 goldrichtig, denn Das Harz der Schwarzkiefer wirkt bakterienhemmend, schleimlösend und gilt gemeinhin als Hausmittel gegen Erkältungsbeschwerden. Auf die nächste Grippe sollte man aber besser nicht warten, um das Bier zu genießen. Noch gibt es Restbestände von diesem Jahrgang, für den stattliche 65 Kg junge Schwarzkieferzapfen aus Hinterbrühl im Wienerwald ihre neue Bestimmung im Braukessel fanden.
Heuer beendet Axel die Serie der Nadelbäume mit der Fichte – keine Angst, es gibt sicher auch 2016 ein Waldbier, dann aber mit anderen „Waldzutaten“.
„Die Fichte ist Österreichs wichtigste Baumart.“, wie Rudolf Freidhager, Vorstandssprecher der Bundesforste, die neue Bier-Spezialität kommentiert. Im Gegensatz zu den Vorjahren kommen aber diesmal nicht Triebe oder Zapfen zum Einsatz, sondern das Fichtenharz. Für das Waldbier 2015 Fichte wurden dafür in Traunstein rund 70 Kilogramm Fichtenharz „geerntet“. Durch die Verwendung von Harz verspricht sich Braumeister Axel Kiesbye noch intensivere Noten von Marzipan, Karamell und Waldbeeren als in den vorigen Jahren.
Das Grundrezept der Waldbiere ist ein „Strong Ale“ mit einer Kölsch Hefe gebraut. Dabei ist „Strong“ durchaus ernst zu nehmen, denn alle Waldbiere haben einen durchaus höheren Alkoholgehalt, so tritt auch in diesem Jahr die Fichte mit stattlichen 7,2 Vol% Alkohol an. Nur die Farbe des Bieres wird mit entsprechenden Malzen auf die jeweilige Holzart noch abgestimmt und so auch leicht geschmacklich beeinflusst.
Insbesondere die Fichte war aber heuer eine besondere Herausforderung, die bei der offiziellen Präsentation zu dem Ausspruch führte: “Ich mache NIE wieder etwas mit Fichte!“. Der Grund dafür liegt im verwendeten Harz. Und genau hier begannen die Probleme bei der Herstellung. Das Harz im heißen Brauprozess hinzuzufügen hätte unweigerlich zu einer Ablagerung an Kessel und Leitungen geführt, die sich unmöglich wieder hätten entfernen lassen. Der “heiße Teil” schied also bei der Herstellung für die Harz Zugabe aus. Das Harz war aber natürlich nicht so rein, dass es unproblematisch im kalten Prozess hätte zugegeben werden können. Die Gefahr einer Infektion war schlicht zu groß. Dennoch fand man hier einen Weg das Harz zu sterilisieren und dann aufgestrichen auf ein Metallblech in den Lagertank zu geben und so die Aromen der Fichte ins Bier zu bringen.
Gefragt, wie lange denn so ein Rezept in der Entwicklung dauert und wie er in Entstehung eines Rezeptes die Menge an Nadeln, Zapfen und jetzt Harz bestimmt, gab Axel mir eine sehr verblüffende Antwort. Vieles ist Bauchgefühl und reine Einschätzungssache, zwei drei kleine Probesude, fertig. Ich ziehe meinen Hut vor so viel Erfahrung und auch Risiko. Denn Sude mit 110 Hektolitern zu wesentlichen Teilen auf “Bauchgefühl” aufzubauen, da braucht es schon eine gehörige Portion Mut. Und irgendwie wurde ich den Eindruck nicht los, dass das Fichtenprojekt auch die eine oder andere schlaflose Nacht im Hause Kiesbye verursacht hat.
Nun war aber umso mehr kräftiges Feiern angesagt und begleitet von einem 5-Gang Menue von Hauben- und Michelin Sternekoch Christian Petz wurden nochmal alle fünf Waldbier Jahrgänge der Reihe nach zu jedem Gang passend verkostet. Küchenchef Petz war es auch, der schon bei der allerersten Waldbierpräsentation für die Speisenbegleitung verantwortlich zeichnete – damals noch am Badeschiff. Auch vor der Leistung der Küche muss man hier eine tiefe Verbeugung machen. Unter quasi “Feldküchen” Bedingungen im Garten der Akademie der bildenden Künste ein derartiges Menue zu zaubern ist schon jeglichen Respekt wert. Das “Foodpairing” dann sowieso. Das Waldbier ist wohl einer der besten Speisebegleiter, die zu haben sind.
Zuckte vielleicht der eine oder andere nicht ganz so bieraffine Gast bei dem Gedanken ein 5 Jahre altes Bier (mit der “Tanne” aus 2011 ging es ja los) zu trinken, so wurden diese Gedanken von Axel Kiesbye, der jeden Jahrgang noch einmal vorstellte, zerstreut. Das Waldbier ist ausdrücklich auch ein Bier, das sich zum Einlagern und weiterreifen eignet. Und ich selbst meine bei der – leider im Handel längst vergriffenen – Tanne eine sehr deutliche Veränderung geschmeckt zu haben. Sicher auch ein Punkt, der diesen Abend besonders spannend gemacht hat.
Das “Waldbier 2015 – Fichte” ist ab dem 1.Oktober offiziell im Handel zu haben. In Wien beispielsweise beim Beer Store Vienna und Ammersin – online lohnt sich sicher ein Besuch bei www.bierfracht.at und in Deutschland bei www.biertraum.de
Und irgendwie ist sie schon jetzt da – die Freude und Spannung auf das, was da 2016 aus dem Bierkulturhaus in Obertrum kommt. Aber nun geniessen wir erstmal die Fichte.