Burgenländische Erdbeer Exotik – Das Golser “Exotic Fruit Weizen”
Was soll ich sagen, ich kann persönlich mit Fruchtbieren so rein gar nichts anfangen. Das mag ja nicht weiter schlimm sein, aber bei meiner Arbeit für diesen Blog kommt mir hin und wieder einmal ein Bier unter, bei dem ich über meinen Schatten springe. Und auch hier oute ich mich gerne: Ich werde nicht selten positiv überrascht.
Und ja, ich mache ja auch kein Geheimnis draus, dass ich neben knackig hopfigen IPAs auch sehr gerne Weizenbier trinke. Und da darf es dann auch gerne mal “reife Banane” im Aroma sein. Ein solches Weizenbier kommt nicht weit von Wien weg – aus Gols.
Jetzt bekam ich die Information, dass genau aus dieser Brauerei ein Kreativbier, genauer ein Kreativweizen, kommt, das in Wien in die Gastronomie kommt. Der Name “Exotic Fruit Weizen” bremste zwar meine Euphorie ein wenig, aber einer muss den Job ja machen. Beim Studium des Etiketts entdeckte ich, dass die Exotik zumindest auf Erdbeeren beschränkt ist. Gut, die mag ich gerne. Auch sind diese als ganze Frucht und nicht irgendwie konzentriert und sirupartig – bäh – beigegeben worden. Na, das wird ja dann doch interessant. Eine 0,75l Flasche habe ich mir für 9,90 EUR gekauft und los ging die Verkostung.
Schon die Flasche beeindruckte mich: Eine Bügelverschlußflasche, die zunächst mit einem Kronenkorken verschlossen ist. Habe ich so noch nicht in Österreich gesehen, macht aber Sinn, denn auch meine Erfahrung als Heimbrauer zeigt mir deutlich, dass der Kronenkorken schlichtweg dichter ist. Ein Plus hierfür schon einmal, bevor die Flasche noch offen ist.
Ist das Bier einmal eingeschenkt, so will auf den ersten flüchtigen Blick wenig an ein “Erdbeerweizen” erinnern. Keine rötliche Färbung, schöne, etwas dunklere goldene Weizenbierfarbe, so wie ich sie aus Gols kenne. Auch die Trübung ist wie gewohnt gleichmäßig und undurchsichtig. Eine feine weiße – auch hier kein rot zu sehen – Schaumkrone mit einer schönen Glashaftung. Hmm, habe ich vielleicht das falsche Bier in der Flasche bekommen?
Spätestens als die Nase ins Spiel kommt wird mir klar, das hier kein Fehler vorliegt. Aromatisch bekommt man es mit einer Flut aus fruchtigen Noten zu tun. Die Erdbeere ist neben der fast schon klassischen Banane genauso deutlich wahrnehmbar wie Zitrusfrucht, die hier in Richtung Orange tendiert.
Ähnlich ergeht es mir im Antrunk, denn es braucht eine kleine Weile, bis sich die fruchtigen Aromen im Mund entfalten. Dann aber wirklich toll und angenehm. Auffällig ist schon hier, dass die Fruchtigkeit von einem würzigen Hopfen begleitet wird, die man so ebenfalls nicht erwarten würde. Insofern stellt sich ein interessantes aber sehr ausbalanciertes Mundgefühl ein.
In Punkto Rezenz muss sich dieses Bier nicht vor seinen Artgenossen verstecken. Weizenbiere sind in der Regel sehr frisch und rezent und die Fruchtigkeit verstärkt hier eher positiv. Auch von der Kohlensäure merkt man fast keinen Unterschied – schöne feine aber kräftige Karbonisierung, das passt.
Den Körper beschreibt der Braumeister selbst als “breit aufgestellt“und mit “kräutrigen Hopfennuancen angereichert“. Manchmal ist solchen Eigeneinschätzungen wenig hinzuzufügen wie in diesem Fall. Die Erdbeere kann sich geschmacklich im weiteren Verlauf deutlich besser durchsetzen und entwickelt einen dezenten aber deutlich präsenten fruchtigen Grundton für den Nachtrunk.
Im Nachtrunk entwickelt sich aus den kräutrigen Hopfennuancen eine jetzt vordergründigere schöne Bittere, die das Bier unerwartet aber sehr angenehm beschliesst.
Ich muss sagen, dass ich wieder einmal ein eigenes Vorurteil bzw. eine persönliche Meinung im “Live-Test” widerlegt bekommen habe. Das ist gut und richtig so! Ein Super Bier, das es übrigens auch beim Craft Bier Fest Wien im Mai vom Fass zum verkosten geben wird.