1. Home
  2. proBIER Aktuell
  3. “Bayerisch Nizza” ist dem Bayerischen Brauerbund zu “bayerisch” – Klage gegen Christian Hans Müller
“Bayerisch Nizza” ist dem Bayerischen Brauerbund zu “bayerisch” – Klage gegen Christian Hans Müller

“Bayerisch Nizza” ist dem Bayerischen Brauerbund zu “bayerisch” – Klage gegen Christian Hans Müller

0

Zugegeben in Sachen Markenrecht und Produktschutz geht es in den Auseinandersetzungen selten darum “Sympathiepunkte” einzusammeln. Allerdings können und dürfen Auseinandersetzungen in diesem Bereich durchaus unter Verwendung von Fingerspitzengefühl und Augenmaß ausgetragen werden. Aber was ist passiert?

Schon seit geraumer Zeit bietet der Deutsche Christian Hans Müller unter dem Namen “Bayerisch Nizza Clubbier” seine “urbayerische, obergärige und auf Weizenmalzbasis gebraute Bierspezialität, die im großzügigen Kalthopfverfahren mit so klangvollen Aromahopfen wie Citra, Centennial und Chinook veredelt wurde”. Kurz ein Craftbier Weizen Pale Ale, das bewusst für eine junge Generation der Biertrinker konzipiert wurde. Modernes Bier, das “hip” genug ist, um auch in den Clubs dieser Welt als cooles Getränk mit hohem Genussfaktor angeboten zu werden.

Genau aber diese Positionierung wie “urbayrisch” und das “Bayerisch” im Produktnamen sind ihm nun zum Verhängnis geworden und haben ihm eine Klageandrohung des Bayerischen Brauerbundes eingebracht. Denn was “bayerisches Bier” ist, das bestimmt in Bayern immer noch der Brauerbund. Zu Recht, denn “Bayerisches Bier” ist eine eingetragene Marke des Bayerischen Brauerbundes und um diese Bezeichnung führen zu dürfen, da bedarf es – wen wunderts – zunächst einmal eine Mitgliedschaft in diesem Bund. Daneben sind dann aber auch die Grenzwerte (z.B. IBU Bittereinheiten) festgelegt innerhalb welcher sich ein “Bayerisches Bier” bewegen darf. Und um das Ganze dann noch sicherzustellen, da bedarf es noch der Teilnahme an einem speziellen Kontrollverfahren mit dem diese Qualität sichergestellt werden kann.

Flasche Bayerisch Nizza Clubbier
Stein des Anstoßes beim Bay.Brauerbund
© Hans Christian Müller Sommelierbier

Aber was genau war denn nun der Stein des Anstoßes – der geschützte Name bzw. die Bezeichnung “Bayerisches Bier” wird ja gar nicht verwendet. Daneben ist “Bayerisch Nizza” der Kosename für die Stadt Aschaffenburg, die nicht nur wenige Kilometer südlich von Frankfurt am Main gelegen ist – nein, das Autokennzeichen “AB” signalisiert es im Volksmund auch schon – “Anfang Bayern” – die Stadt liegt schon innerhalb der Grenzen des Freistaats. Firmensitz und Heimat von Christian Hans Müller ist nämlich genau diese Stadt und ist als eine Art Verbeugung vor seiner Heimat zu verstehen. Natürlich soll auch das Nizza ein wenig das Flair der Côte d´Azur mitbringen und sommerliches Flair mit dem Produkt verbinden.

Gebraut wird das Bier dann aber auch noch bei der Brauerei “Schlappeseppel” auch in Aschaffenburg, die ebenfalls in Aschaffenburg beheimatet ist und zu allem Überfluss noch Mitglied im Bayerischen Brauerbund ist. So richtig ist jetzt der Ansatzpunkt für diese Klageandrohung nicht zu erkennen. Aber wie es mal im Marken- und Produktrecht so ist, so darf natürlich nichts passieren, das auch nur im Anschein eine Nähe zu der geschützten Marke bzw. eine Verwechselung hervorrufen könnte.

Ein Schelm, der böses dabei denkt, denn zum einen ist das “Bayerisch Nizza Clubbier” schon geraume Zeit am Markt und daneben wurde Christian Hans Müller gerade mit einem Award von RateBeer.com als beste neue bayerische

Bayerisch Nizza Clubbier Ersatzetiketten
Wurden nicht gebraucht – Ersatzetiketten für das Clubbier

Brauerei ausgezeichnet. Das kann dem “Goliath” schon mal die Galle hochkommen lassen, oder? Wie gesagt, reine Spekulation, aber wenn die androhende Anwaltskanzlei dann nicht einmal für Gespräche mit der Anwältin von Christian Hans Müller erreichbar ist, um in der Sache zu diskutieren, dann wirkt das schon sehr wie engstirniges “Mia san mia”-Gehabe.

Immerhin tut Christian Hand Müller mit seinen Craftbieren etwas, das man bei konservativen etablierten Brauerbünden derzeitig vermisst: Er interpretiert Bier als Genussmittel neu, macht es jung und modern, erreicht neue Zielgruppen. Über den Rückgang des Bierkonsums zu jammern ist die eine Seite – etwas dagegen zu tun die Andere. Insofern wären konstruktive Gespräche der Anwälte schon etwas gewesen, das die Situation in der Anfangsphase hätten entschärfen können. Ist Christian Hans Müller nun aber vielleicht schon länger auf dem Radar des Brauerbundes und man hat jetzt die Gelegenheit genutzt im Vorfeld der “Braukunst Live 2014” Tatsachen zu schaffen. Auch wenn es pure Spekulation ist, aber die Frist zur Unterlassung und – man lasse sich das mal auf der Zunge zergehen – dem Verzicht auf sein eigenes Markenrecht an der eingetragenen Marke “Bayerisch Nizza Clubbier” endete am 20.2.14 – also genau einen Tag VOR der Braukunst live. Böse denkende Schelme bitte vortreten.

Mit so einer Aktion ist es durchaus möglich ein erfolgreiches Craftbier-“Start up” Unternehmen im Bierbereich in kürzester Zeit zu vernichten. Eine gerichtliche Auseinandersetzung “David gegen Goliath” hält so ein Unternehmen niemals aus. Ein großer industrieller Interessensverband braucht da doch nur einmal zu Husten und alleine die finanziellen Möglichkeiten sich in so einem Fall zu verteidigen sind in kürzester Zeit aufgebraucht. Ist das die Art und Weise, wie solche Probleme in Bayern gelöst werden.

Stand auf der BKL 2014 von Christian Hans Müller
Trotz Ärger im Vorfeld – Christian Hans Müller auf der Braukunst-Live 2014

So in den Vorbereitungen zur “Braukunst Live 2014” empfindlich gestört stand sogar seine Teilnahme an der Messe auf dem Spiel. Bis zur letzten Minute wurden sogar noch neue Etikette gedruckt, die im “worst case” hätten Messestand und Biere vor einer Intervention der bayerischen Bierordnunghüter hätten retten können. Irgendein Beteiligter in der Sache hat beim Aufräumen offensichtlich noch einen Restbestand Vernunft gefunden und es kam schlussendlich doch noch zu Gesprächen, die sich nun in einer durchaus bemerkenswerten und konstruktiven Einigung finalisiert haben.

Christian Hans Müller wird sich mit einem “Bayerisch Nizza Clubbier” dem Kontrollsystem des Bayerischen Brauerbundes anschliessen ohne selbst Mitglied desselben werden zu müssen. Das Bier ist nun zur Kontrolle angemeldet und wird, da es ja schon vorher den “Grenzwerten” echten “bayerischen Biers” entsprach, dieser sicher standhalten und somit am Markt verbleiben dürfen.

Der Tenor an diesem Wochenende innerhalb der Craftbierszene auf der “Braukunst Live 2014” war eindeutig. Auch wenn eine juristische Klärung am Ende dem Bayerischen Brauerbund Recht gegeben hätte. In der öffentlichen Wahrnehmung sind solche Aktionen nicht geeignet das Miteinander von klassischen und konservativen Brauern mit den jungen Kreativen zu Fördern. Und genau das hätte der Verbraucher verdient.

Aber darum geht es wohl nicht, es geht nur um das schützenswerte Bier. Bärendienst!