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Die Biergärtnerei – Ein Heimbrauer der nicht daheim braut

Die Biergärtnerei – Ein Heimbrauer der nicht daheim braut

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In den letzten Jahren hat sich auch in Österreich eine sehr aktive Heimbrauerszene etabliert. Heimbrauen ist dabei für viele so etwas wie der letzte Schritt auf dem Weg vom “Bierliebhaber” zum “Bierprofi”. Nicht selten enden solche Brautätigkeiten in einer professionellen Brauerkarriere. Beispiele aus der jüngeren heimischen Vergangenheit wären BEVOG in Bad Radkersburg oder die Xaver Brauerei in Wien.

Die Sudanlage der BiergärtnereiEiner dieser Heimbrauer ist “Biergärtner” Norbert Seifried, der mit seinem Brauprojekt der “Biergärtnerei” auch in den sozialen Medien wie Facebook immer wieder mit den Fotos seiner Brauaktivitäten von sich reden macht.

proBIER.at hat die “Biergärtnerei” besucht, denn hier wurde am vergangenen Samstag die Brausaison 2014 eröffnet. Grund genug sich einmal mit dem “Braumeister” zu unterhalten.

proBIER.at: Der Name “Biergärtnerei” ist ja auf den ersten Blick außergewöhnlich, was steckt denn eigentlich dahinter?

Norbert: Meine Familie war schon seit Langem auf der Suche nach einem grünen Fleck für den Sommer, den wir hier endlich gefunden haben. Zum Glück ließ sich hier gleichzeitig auch mein Wunsch endlich selbst eigenes Bier zu brauen verwirklichen, da hier einfach der Platz vorhanden ist, den eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus einfach nicht hergibt. Mit der „Biergärtnerei“ wollte ich dem Projekt einen Namen geben, der die beiden Hobbies „Garten“ und „Bier“ miteinander verbindet. Ich denke das ist mir damit recht gut gelungen!

proBIER.at: Wie hat denn dieses Hobby angefangen – wo wurdest du vom “Heimbrauvirus” infiziert?

Norbert: Vor ein paar Jahren habe ich zusammen mit ein paar Freunden einen Braukurs gemacht. Eigentlich war dieser sehr enttäuschend, denn es war weniger ein Braukurs als ein Verkaufsseminar für ein halbautomatisches Heimbrausystem. Ein paar von uns waren sich einig, dass wir selber Bier brauen wollen, es aber ganz sicher nicht mit diesem Gerät machen werden.

Ein Blick in die Kessel der BiergärtnereiproBIER.at: Und dann hast Du angefangen daheim zu brauen?

Norbert: Nein, ich war platzmäßig einfach zu sehr limitiert. Einer meiner Freunde aber fing mit einem Punschkocher an und baute sich dann aus Edelstahlkesseln und vielen Informationen aus dem Internet seine erste Brauanlage zusammen. Ihn habe ich ab und zu bei seinen Suden begleitet und so meine ersten eigenen Erfahrungen gemacht. Als der eigene Garten dann Realität wurde, da begann auch schon die Planung und Umsetzung mit meinem eigenen Equipment.

proBIER.at: Die Umsetzung ist ja schon beeindruckend professionell und mit einer Sud-Kapazität von einem knappen Hektoliter bist du sicher nicht mehr in der Einsteigerklasse unterwegs.

Norbert: Na ja, da ich von der Ausbildung (Bio)Chemiker bin und auch seit vielen Jahren auch im Beruf mit Laborequipment zu tun habe, da ist einerseits schon eine gewisse Berufsehre zur Perfektion vorhanden. Andererseits wusste ich ja aus den Erfahrungen bei meinem Freund in welcher Größenordnung ich mich bewegen will. Und durstige Freunde im Bekannten- und Freundeskreis, die lassen so einen Sud schnell verschwinden.

proBIER.at: Welche Biere bzw. Bierstile braust Du denn jetzt in der “Biergärtnerei”?

Norbert: Alles nur keine gewöhnlichen Biere. Auch wenn bei den ersten Suden zum Beispiel ein Märzen oder ein Pils dabei war. Die Rezepte habe ich mit meinen eigenen Ideen so verfeinert und angepasst, dass zum Beispiel mit den verwendeten Hopfensorten Aromen mit eingebaut wurden, die man normalerweise nicht in diesen Bierstilen erwarten würde. Ich bin aber kein “Hopfendepp” bei dem alleine die Bittereinheiten zählen, das Gesamtergebnis muss einfach passen, und zum Beispiel mit amerikanischen Hopfensorten kann man schon Geschmackserlebnisse kreieren, die so manchen überzeugten Märzenbiertrinker ratlos zurücklassen würden.

proBIER.at: Darf ich dann mal in den Kessel schauen? Was wird denn heute gebraut?

Die Stammwürze immer im Blick
Der Biergärtner hat die Stammwürze immer fest im Blick

Norbert: Ein der Jahreszeit angepasstes frisches Frühlingsbier. Ich habe mir ein neues Rezept für ein untergäriges Bier mit Amarillo- und Citra-Hopfen und ca.12 Grad Stammwürze ausgedacht. Von der Malzschüttung, Hopfung und der verwendeten Hefe her liegt es irgendwo zwischen einem Pale Ale und einem Märzen. Weit weg von einem Standardbier eben. Schon die Hopfengabe zu der Vorderwürze macht sich im Kessel aromatisch toll bemerkbar. Ich bin mir sicher, dass hier wieder etwas ganz Außergewöhnliches entsteht.

proBIER.at: Lief denn alles immer so reibungslos bei dem “Biergärtnerei”-Projekt wie die Erstellung der Rezepte?

Die Planung der Biergärtnerei
Nichts dem Zufall überlassen – Der Plan zur Biergärtnerei

Norbert: Im Großen und Ganzen ja. Die Konzeption und der Bau der Anlage war eigentlich recht problemlos – in Wahrheit hatte ich hier ja auch genug Zeit in den letzten Jahren, um Ideen bei der Planung zu sammeln und dann in der Umsetzung zu perfektionieren. Die Kühlkapazitäten, die für viele Heimbrauer ja den eigentlichen technischen Engpass darstellen, konnte ich mittlerweile mittels zwei Kühltruhen hier im Gartenhaus fürs erste ausreichend gestalten. Aber die Stromversorgung, die es hier bislang nicht gegeben hat, das war ein echt Nerven aufreibendes Projekt und hätte noch vor dem Start fast das Ende bedeutet. Am guten Ende hat aber auch das – Dank eines kooperativen Nachbarn – wie du siehst gut hingehauen.

proBIER.at: Wie sind denn aber jetzt die Reaktionen auf dein Bier? Hast du es denn schon mal Experten zum Verkosten gegeben?

Norbert: Natürlich sind viele Freunde und Bekannte begeistert von den Bieren, aber es ist ja auch nicht besonders schwierig mit meinen Bieren sich geschmacklich von Supermarktbieren zu unterscheiden. Die positiven Kritiken, die ich von etablierten professionellen Braumeistern bekommen habe, die waren schon sehr motivierend. Aber letztlich ist mein eigener Geschmack, das für mich entscheidende Kriterium. Erst wenn das Bier für mich perfekt ist, dann bin ich zufrieden.

Ein Glas Bier aus der BiergärtnereiproBIER.at: Bei so viel positivem Feedback von echten Bierprofis, wie schaut es denn bei Dir mit der Idee aus das Bierbrauen zu professionalisieren?

Norbert: Man soll ja niemals nie sagen, aber im Augenblick passt das für mich ganz gut so wie es ist. Aber auch im Rahmen der “Biergärtnerei” gibt es ja noch genug Ideen, die umgesetzt werden wollen.

proBIER.at: Dann danke ich Dir erstmal für das Gespräch und hoffe, dass wir uns zum Verkosten des heutigen Sudes wiedersehen.

Mehr über die Biergärtnerei auch bei Facebook unter http://www.facebook.com/biergaertnerei