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Hör auf dein Bier | Ein Faktum: “Sail away – verleiht Flügel”?

Hör auf dein Bier | Ein Faktum: “Sail away – verleiht Flügel”?

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Kommt es nur mir so vor, oder ist es gerade beim Craftbier wie beim Fußball?

Jahrzehntelang  gibt es eine lang etablierte Szene, die ihre treuen Anhänger hat. Woche für Woche, Tag für Tag lebt man für das, was man lieb gewonnen hat. Geht durch Höhen und Tiefen. Hat alles von Anfang an begleitet, als es eben noch nicht so war „wie heute“.

Und auf einmal kommen da – nicht selten finanzkräftige – Mitbewerber daher, die versuchen ein Stück vom Kuchen abzuschneiden. Nicht irgendein Stück. Es muss schon das größte Stück sein. Ganz oben mitspielen ist das Ziel. Denn nur wer zu den Besten gehört, der bekommt auch am meisten Applaus.

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Herzenssache – Hör auf dein Bier!

Wie aber kommt man dahin? Zeit ist ja bekanntlich Geld. Ach ja, um nichts anderes geht es ja – bei allen übrigens. Das Rezept ist doch ganz einfach – die „Etablierten“ sind häufig auch nicht auf Rosen gebettet. Geld ist zwar da – aber nur vereinzelt im Überfluss. Also mal schnell tief in die Portokasse gegriffen und das Navi auf Überholspur eingestellt.

Der Kopf für das Vorhaben ist schnell gefunden – letztlich macht man doch auch nichts Böses. Die Regeln sind für alle gleich. Nur die Bedingungen eben anders. Verlockend anders. Endlich mal das tun von dem man schon immer geträumt hat. Bei keinem Einkauf das Budget im Auge behalten müssen. Traumsituation. Da findet sich schon ein Kopf der eincheckt.

Die Rezepte zum Erfolg bringt dieser Kopf dann gleich mit. Dafür hat man ihn ja schließlich geholt. Gut, etwas Abstimmungsarbeit ist am Anfang schon noch erforderlich.  Der Geldgeber muss sich an die Denk- und Arbeitsweise des Kopfes gewöhnen und umgekehrt. Aber schnell sind die Wogen geglättet, denn der Erfolg ist von Anfang an da.

Konzerne
Bier in grünen Flaschen? – Ihr habt nichts verstanden!

Kunststück. Wenn man in einer Liga unterwegs bist, in der einem (finanziell) keiner das Wasser reichen kann, dann strahlt das eigene Licht doch deutlich heller als bei den ganzen “grauen Hinterhofmäusen”. Natürlich braucht es eine neugebaute Arbeitsstätte, welche den Mitbewerber vor Neid erblassen lässt und welche diese sich ohnehin niemals – auch nicht in vielen Jahren – hätten leisten können. Vor allem: Sie steht in einer Gegend, in der so etwas völlig neu ist, wo die Felder unbestellt sind und fruchtbar brach liegen.

Das Marketing läuft vom ersten Tag auf Hochtouren – in der unteren Liga in der man anfängt wissen die Anderen ohnehin meist nicht einmal wie man das buchstabiert. Blinker links – von nun an findet das Leben auf der “Fast Lane” statt.

Doch mit dem schnellen Erfolg ist er da. Der ganze Pöbel, mit dem man nie etwas zu tun haben wollte. Diese Hinterhofgestalten, die doch eh nur eine kleine Minderheit als Anhänger haben. Denkt man in der Vorstandsetage  zumindest. Die eigene Rolle war doch eher als moderner „Rattenfänger von Hameln“ angelegt. Und jetzt auf einmal Widerstand? Kann und darf doch nicht sein.

Schnell wird die Unschuldsmiene aufgesetzt, auf die „Nachwuchsarbeit“ verwiesen, die Neubelebung der Szene – man tut doch etwas für die Vielfalt.

Konzerne03Und spätestens genau dann geht dem „Pöbel“ die Galle über. Das einfach so erkaufen, was man selbst jahrelang in persönlicher Kleinarbeit, Entbehrung und mit Herzblut aufgebaut hat? Von dem einem – zumindest moralisch – ein Teil gehört? Alles und egal was da kommt wird niedergeschrien, niedergeschrieben oder boykottiert. Aber zu Recht?

Das Statement in der Presse für die ahnungslose Masse: Wir tun doch nichts Schlechtes. Wir halten uns an die gleichen Regeln wie alle. Warum sind jetzt alle gegen uns? Was ist der Grund für einen Boykott? Nur weil uns die Tradition fehlt? Weil wir modern sind? Weil wir Geld investieren? Das kann doch per se nicht einfach schlecht sein?

Ach ja, das Marketing erinnert im Interview noch schnell an die Wiederbelebung alter Spielrezepte, Nachwuchsarbeit und eigentlich und überhaupt. Und bevor Zweifel aufkommen, da wird in der lokalen Boulevardpresse noch mit einem mehrseitigen Advertorial das Licht neu fokussiert. Getreu dem Motto: Was in der Zeitung steht…

Egal ob nun die Hersteller von Backmischungen, Reeder grüner Segelschiffe, Softwarehäuser oder Produzenten verflüssigter Gummibärchen ihre – jahrelang verweigerte – Liebe zu Tradition, Qualität und Herzblut ausleben müssen und hohe Beträge in das Füllen ihres Einkaufswagens pumpen.

Wenn es der innere Kompass nicht schafft - dieser zeigt auch die richtige Richtung.
Wenn es der innere Kompass nicht schafft – dieser zeigt auch die richtige Richtung.

Am Ende werden aber alle doch erkennen müssen, dass man eine Seele nicht kaufen kann. Und die Tatsache, dass Bloggerkommentare offensichtlich “ganz oben” ankommen und man mit  – vorsichtig gesagt – entweder ziemlich nervösen oder ziemlich dummen Äußerungen in privaten Mails reagiert, zeigt doch nur eines: Die vermeintlich „Kleinen aus dem Hinterhof“ werden wahrgenommen und bleiben mit ihrem mahnenden Zeigefinger die Spielverderber der Großen. Und das ist gut so!

Denn zum wirklichen Erfolg, zu wirklicher Qualität, zu echter Dazugehörigkeit wird doch etwas immer fehlen: Eben die Seele!

Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich jetzt über Bier oder Fußball geschrieben habe – zum Glück kann ich immer noch selbst entscheiden was ich genieße. Ein nordischer Biergigant gibt mir ja schon selbst den Tip: “Folge deinem inneren Kompass!” – habe ich gemacht und es kommt ein großer Bogen um Eure Produkte dabei heraus!

In diesem Sinne, Prost, Cheers, Santé!
Martin