“Über 100 Brücken musst Du gehn´!” – Browar Stu Mostów
Keine Ahnung, ob Karat oder Peter Maffay in Wroclaw waren, als sie das Lied mit den “sieben Brücken” im Kopf hatten – Fakt wäre aber, dass 93 Brücken unberücksichtigt bleiben würden. Und damit geht meine Reise durch die Welt des polnischen Craft Bieres heute in eine neue Runde. Wroclaw, oder im deutschen Sprachgebrauch “Breslau”, wird tatsächlich auch die Stadt der 100 Brücken genannt. Nachgezählt habe ich bei meinem Besuch im Mai nicht, aber “viele” würde ich ungesehen unterschreiben. “Browar Stu Mostów” bedeutet soviel wie “Brauerei der 100 Brücken” – und ist die Brauerei, die ich Euch heute vorstellen möchte.
In Wroclaw fand ja damals ein internationales Craft Bier Festival statt. Eigentlich erstaunlich, denn Browar Stu Mostów ist die erste Brauerei in der Stadt selbst, seit langer Zeit. Eigentlich unverständlich, denn Wroclaw ist eine Stadt mit einer langen – über 800 jährigen, um genau zu sein -Brautradition und verfügte zu Spitzenzeiten über gut 80 Braustätten auf dem Stadtgebiet. Vermutlich hat auch hier der kommunistische Zahn genagt und zuletzt war es die Brauerei “Browar Piastowski”, die ihre Türen für immer schloss. Ironie des Schicksals, denn deren Gebäude verfallen seit 2004 genau auf der anderen Flußseite vis a vis von “Browar Stu Mostów”, nachdem sie 2001 von Carlsberg übernommen worden war.
Freuden der Industriearchitektur gehen aber beim Anblick der neuen Brauerei das Herz über. In dem Backsteingebäude war früher ein Kino untergebracht, so dass in der Brauerei selbst Deckenhöhe – nicht ganz unwichtig für Gär- und Lagertanks – nun wirklich kein Problem ist. Überhaupt ist das Gebäude, in einer Gegend in der sich viele neue und junge Unternehmen ansiedeln, ein echtes Schmuckstück.
In der Brauerei selbst werden wir freundlich vom Gründer und Eigentümer Grzegorz Ziemian empfangen und durch die Brauerei geführt. Führen ist dabei eigentlich nicht wirklich notwendig, denn alles befindet sich sehr übersichtlich auf einer Ebene. Sudhaus, Tanks, Lager, alles nah beieinander und dennoch schön viel Platz, um noch deutlich erweitern zu können. Und man hat bei dieser Brauerei auch nicht wirklich gespart. Der Umbau, der circa 1,2 Millionen Euro gekostet hat, macht sich optisch an fast jeder Ecke bemerkbar. Andersherum: Hier wurde mit viel Liebe zum Detail eine perfekte Brauerei geplant und umgesetzt.
Grzegorz Ziemian mit seiner Frau Arletta kommen beide aus dem Investmentbanking Bereich und kennen sich sicher aus mit der Aufstellung von Finanzierungen in dieser Größenordnung. Der Plan eine eigene Brauerei zu eröffnen kam ihnen aber in den USA, wo auch sie mit dem Craftbier Virus infiziert wurden. Nach mehreren Stationen in Europa fiel dann die Entscheidung für de Stadtort der eigenen Brauerei auf Wroclaw. Natürlich auch mit dem Hintergedanken die Brauereitradition wieder aufleben zu lassen.
Ein Teil der Investition wurde an die BrauKon überwiesen, die ihrerseits dafür eine 20hl Brauanlage lieferte, die wenige Wünsche offen lässt. Übrigens die erste BrauKon Anlage in Polen. Auch hier wurde sicher Geld an einer Stelle investiert in der man ganz klar die schnelle Erweiterung und auch den unbedingten Erfolg im Fokus hatte. So strahlt heute ein brautechnisches Schmuckstück dem Besucher entgegen. Mit einer geplanten Jahreskapazität von 5.000 hl hat man sich die Latte dabei nicht einmal niedrig gelegt – hier muss es zur Sache gehen.
Eröffnet wurde dann im November 2014 und seitdem gibt es auch das Bier von “Browar Stu Mostów” im hauseigenen Brewpub oder aber auch in den Lokalen und Geschäften der Stadt. Unter anderem natürlich auch in der “Bierinstitution” der Stadt, dem “Spitz”. Das Bier selbst wird in drei unterschiedlichen Linien angeboten “WRCLW”, “Salamander” und “Art”. Die Biere der “WRCLW”-Linie sind dabei neu interpretierte klassische Bierstile wie Pils, Dunkelweizen oder Roggenbier. Mit “Salamander” bedient man die Freunde der modernen Craft Bier Stile mit einem Pale Ale, American IPA oder einem Wheat Porter. Und hinter dem Namen “Art” verbergen sich Collaboration Brews mit Größen der Craft Bier Szene und werden dann zu einem “Doppel Weizenbock German IPA” oder “Nigredo Wroclaw Chocolate Mint Foreign Extra Stout”. Für solche Namen musst Du erst mal Platz auf dem Etikett finden. Aber bei dem Doppel Weizenbock muss ich sagen: Ein Bier um auf die Knie zu gehen.
Vor der Brauerei entsteht ein Gastgarten, der bei der Gewerbeumgebung zumindest in den Abend- und Nachtstunden an warmen Tagen ein ungestörtes Freiluftsitzen ermöglicht. Kulinarisches kommt aus der eigenen Küche bei der der Koch, wie wir erfahren haben, einer der Hauptdarsteller einer Reality Doku Soap in Polen ist. Bei schlechtem Wetter, oder im Winter ist dann das eigene Brewpub im ersten Stock der Brauerei offen in der man auch einen tollen Blick auf die Brauereianlage von oben hat. Hier werden auch neben den eigenen und Collaboration Brews auch immer wieder Biere anderer Brauer angeboten. Bei unserem Besuch waren das Biere der Camba Bavaria. Und schnell waren auch die Herren in Lederhosen erklärt, die in einer Ecke des Pubs saßen. Es waren Camba Leute aus Bayern mit denen wir dann auch noch kurz unseren Spass hatten.
Ein Besuch in Wroclaw sollte unbedingt auch Biere von “Stu Mostów” beinhalten. Und wo trinkt man die am besten? Richtig in der Brauerei selbst. Vielleicht ist bis dahin auch schon die in Planung befindliche Dachterrasse fertig. In jedem Fall eine echt coole Brauerei mit noch viel cooleren Bieren!
Kontakt:
Browar Stu Mostów
Jana Długosza 2
51-162 Wrocław
Polen
+48 501 822 305
browar@100mostow.pl
www.100mostow.pl
Titelfoto: © Browar Stu Mostów